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Wie Santa Claus das Christkind gestohlen hat. Oder doch nicht.

Hallo liebe Leser von Gilly’s Playground, im Folgenden findet Ihr ausnahmsweise keinen geistreichen Beitrag von Gilly, sondern von mir, Julia, wie bei Konnas Blogjulklapp ausgelost wurde.

Ein Umzug ist immer mit großen Veränderungen verbunden. Das reicht von einer anderen Anordnung derselben Möbel in derselben Stadt bis hin zu einer völligen Neuorientierung in einem ganz anderen Winkel des Landes. Manche Veränderungen, die auf genau so einem Umzug beruhen, ordnet man diesem gar nicht zu und um eine solche soll es hier und jetzt gehen. Doch dafür müssen wir ziemlich ausholen, aber es wird dafür auch weihnachtlich.

Es begab sich im Jahre 217 dass der damals aktuelle Oberhirte beschloss, dass die Wintersonnenwende als Geburtstag des Sektengründers gelten sollte. Das hatte den Vorteil, dass viele andere Sekten auch zu dieser Zeit ein großes Fest feierten und so konnten sie sich alle gemeinsam betrinken und Tiere schlachten. Dieser schlaue Schachzug führte dazu, dass immer mehr Menschen von dieser Sekte erfuhren und sie auch toll fanden. Es dauerte aber noch mehr als ein Jahrhundert, bis 330 der Kaiser Konstantin (von seinen Freunden auch Konna genannt) die Sekte dann zur offiziellen Religion ernannte. Ein weiteres halbes Jahrhundert später (381) wurde endlich auch der 25. Dezember dogmatisch verankert als Geburtstag des Religionsgründers.

NikolausIm vierten Jahrhundert lebte auch ein gewisser Nikolaus von Myra, dem unglaublich viele Legendentaten zugeschrieben werden, vor allem war er ein Wohltäter der Kinder. Er starb am 6. Dezember 345 (oder 326 oder 351 oder 365) und in den folgenden Jahr(hundert)en hat sich die Tradition entwickelt, dass es an diesem Tag Geschenke für Kinder gab. Natürlich wurden nur die braven Kinder beschenkt, denn dem Nikolaus wurde bald der böse Knecht Ruprecht zur Seite gestellt. Der wurde auch aus „heidnischen“ Legenden zusammengebastelt, u.a. den römischen Saturnalien, dem griechischen Pan und dem germanischen Thor. Die beiden führten lange ein einsames, gemeinsames Leben, belohnten die Braven und bestraften die Ungehorsamen.

Im 16 Jahrhundert trat ein Mönch namens Martin Luther auf den Plan und der fand u.a. die Heiligenverehrung in der mittlerweile zur Kirche herangewachsenen Religion nicht gut. Sein ursprüngliches Ziel einer Abschaffung dieser Unsitte erreichte er nicht, sondern es bildete sich ein ganz neuer Zweig in der Kirche und Luther ging als Reformator in die Geschichte ein. Immerhin erreichte er in seinem neuen Zweig, dass der doofe Nikolaus an Bedeutung verlor und stattdessen am Geburtstag des Religionsgründers Geschenke ausgetauscht wurden. Das Problem war nur, dass eine neue Figur her musste, die die Geschenke bringt und da kam ein gar entzückender blondgelockter Engel mit Flügeln und Heiligenschein aus den Krippenspielen ins Bild, der Christkind genannt wurde. Das war nicht das Christuskind, das als Neugeborenes noch nicht viel schleppen kann und eher untätig in seiner Krippe rumlag.

Aktueller Zwischenstand: katholische Kinder bekommen Geschenke vom Nikolaus, evangelische vom Christkind

Aus welchen Gründen auch immer haben sich im Laufe der nächsten Jahrhunderte die Rollen umgekehrt und vom Nordosten her zog der Weihnachtsmann in die Tradition ein, der Elemente vom Nikolaus und Knecht Ruprecht miteinander verband. Ursprünglich trug er einen braunen Winterpelz, wohnte in Lappland und fuhr einen Rentierschlitten. Der Mantel konnte auch blau oder grün sein, so genau nahm man das nicht. Jedenfalls kam dieser flotte Typ viel besser an als das fragile Engelchen. Aber natürlich muss die Kluft zwischen den Konfessionen gewahrt bleiben und so wanderte das Christkind ins katholische Lager. Das zumindest las man aus einer volkskundlichen Umfrage von 1932 heraus, in der die Kinder im Norden und Osten vor allem vom Weihnachtsmann beschenkt wurden und die Kinder im Süden und Westen vor allem vom Christkind.

Aktueller Zwischenstand: evangelische Kinder bekommen Geschenke vom Weihnachtsmann, katholische vom Christkind

weihnachtsmannDas Jahr 1932 bzw. das davor war von einschneidender Bedeutung, denn ein Brausekonzern erfand eine Kampagne, mit der sie die Leute auch im Winter zum Konsum des gekühlten Getränks animieren wollten. Die Farben des fraglichen Konzerns waren weiß und rot und so wurde der als Werbefigur auserkorene Weihnachtsmann damit eingekleidet. Im Heimatland des Brauseherstellers kam das richtig gut an und seitdem ist dieser alte Mann mit Rauschebart und dickem Bauch der Weihnachtsmann bzw. Santa Claus in der Landessprache.

Besagtes Heimatland war Amerika und das ist nicht nur verantwortlich für Brause, sondern auch für weltweit erfolgreiche Filme und Musik und so verbreitete sich das Bild vom roten, dicken Mann. Bzw. das ist nicht genau geklärt, ob denn die bösen Amerikaner und ihr Kulturimperialismus wirklich einen so großen Einfluss auf den mittlerweile in Deutschland weit verbreiteten Weihnachtsmann verantwortlich sind.

Endstand: Weihnachtsmann ist überall bekannt, aber das Christkind ist immer noch fleißig aktiv

Der letzte Punkt lässt mich nun endlich zum ersten Absatz zurückkommen. Der Einfluss aus den USA ist sicherlich nicht abzustreiten, aber der Weihnachtsmann mit seinen Elfen und Rentieren ist leichter greifbar als das ominöse Christkind. Ich war jedenfalls lange überzeugt davon, dass die Amis uns das Christkind weggenommen haben, aber ein Umzug vom Südwesten in den Nordosten belehrte mich eines besseren. Hier ist das blonde Engelchen zwar nicht unbekannt, läuft aber unter ferner liefen.

Nun interessieren mich Eure Erfahrungen, d.h. sowohl geografischer als auch konfessioneller Natur und nicht-deutsche und nicht-christliche Traditionen.

Dies ist nur eine stark verkürzte Darstellung, die der Einfachheit halber nur die deutschen Begebenheiten einbezieht. Als Quellen dienten ein scinexx-Dossier, ein Kinderportal-Beitrag und die Wikipedia-Artikel zum Nikolaus, Christkind und Weihnachtsmann genommen.

Bildquellen: Nikolaus von Scott_M unter CC-Lizenz, Christkind von Bene16 unter CC-Lizenz, Weihnachtsmann von bsabarnowl unter CC-Lizenz

16 Kommentare Neues Kommentar hinzufügen

  1. Ist ja interessant! Bei uns in der Heimat in Sachsen kommt der Weihnachtsmann, hier in Bayern ja bekanntlich das Christikind (und da verstehen die Bayern keinen Spaß)!

  2. juliaL49 sagt:

    Mary, du hast also genau die Demarkationslinie überschritten beim Grenzübertritt von Sachsen nach Bayern 🙂 Es deckt sich auch mit der Statistik, denn wie Wikipedia verrät, sind 21% evangelisch und dreieinhalb Prozent katholisch (Dreiviertel Konfessionlose).

  3. Benny sagt:

    Erstens: Danke dir, Julia, dafür, dass du die Geschichte und die Herkunft vom Nikolaus und Weihnachten erläutert hast.

    Bei uns brachte der Nikolaus immer Süßigkeiten, Plätzchen und Obst den braven Kindern, während die bösen Kinder vom Knecht Ruprecht die Rute zu spüren bekamen.
    Ich meine mich erinnern zu können, dass in meiner Kindheit immer das Christkind die Geschenke brachte.

    Klar, weiß man mit fortgeschrittenem Alter (meine jüngste Schwester ist inzwischen 20), dass es den Weihnachtsmann / das Christkind nicht gibt,
    nennt ihn / es aber trotzdem (aus Tradition) beim Namen.

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