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Liebe PR-Agenturen und Pressestellen, wir müssen mal über Pressemitteilungen reden

Presse

Eigentlich sollte dieser Text ein krasser Rant werden. Mit dicken Beleidigungen und einem obszönen Foto. Da Rants aber irgendwie furchtbar 2013 sind, versuche ich es jetzt erstmal zivilisiert. Ich muss mit euch nämlich mal ganz dringend über Pressemitteilungen reden.

Ich bekomme täglich ca. 30-50 Pressemitteilungen per Mail zugeschickt. 90% davon lösche ich, ohne sie komplett gelesen oder gar aufgegriffen zu haben. Warum? Das erkläre ich euch gerne.

Fangen wir mit den technischen Dingen an:

1.: Ich habe mich für euren Presseverteiler gar nicht angemeldet

Das hier ist der Punkt, bei dem mir jetzt gerade eine Ader auf der Stirn steht. Es ist ein Unding von Presseagenturen (und co.), dass man einfach eine E-Mail-Adresse, die man im Impressum eines Blogs / einer Seite findet in einen Presseverteiler knallt, ohne denjenigen einmal gefragt zu haben. NOCH SCHLIMMER: Wenn es thematisch nicht mal ansatzweise passt! NO GO!

Ich habe keine Ahnung wie das rechtlich mit Pressemitteilungen aussieht, aber einfach so „oh, eine E-Mail-Adresse, da schicken wir mal was hin“ geht doch sicher nicht in Ordnung. Ich persönlich würde ja ein normales Double-Opt-In-Verfahren begrüßen.

tl;dr: Bitte fragt mich vorher, ehe ihr mich in einen Presseverteiler aufnehmt!

1a: Fehlende „Abmelden“-Funktion

Wenn man dann in so einem Presseverteiler drinsteckt, wäre es total knorke, wenn man am Ende der Mail einen kleinen Link vorfinden würde, mit dem man sich abmelden kann. Sei es nun eine Website, auf der man sich austrägt, oder einfach ein vorgefertigtes „unsubscribe“-Reply.

Richtig dumm steht man da, wenn die Pressemitteilung über noreply@ verschickt wird und man auch sonst keine Mail-Adresse in der Mail findet. Das ist scheiße und unhöflich.

tl;dr: Die Abmeldung muss schnell und simpel sein! 

2.: ALLE Empfänger im AN oder CC Feld

Dazu muss ich nicht wirklich was sagen, oder? Geht gar nicht. Kommt aber regelmäßig vor.

3.: Aussagekräftiger Betreff

Mails mit dem Betreff „Total Hipper Agenturname XYZ und Partner: Aktuelle Pressemitteilung für unseren Kunden xyz“ landen ungesehen im Müll. Warum? Weil ich in meinen Mail-Programmen meistens nur 40-50 Zeichen sehe. Wenn ich also nur „Total Hipper Agenturname XYZ und Partner…“ lesen kann, dann fliegt es eben in den Müll.

tl;dr: Der Anfang des Betreffs sollte der Name der Firma gefolgt vom Produkt (oder worum es halt geht) sein und nicht der Name eurer Agentur. Der steht ja eh im Absender… 

Weiter geht es mit dem Inhalt: 

4.: Die Pressemitteilung als Fließtext in der Mail

Ich checke meine Mails hauptsächlich unterwegs auf meinem Smartphone. Da überfliege ich alle Mails und sortiere aus, was ich nicht brauchen kann. Wenn die Mail dann aus „Die Pressemitteilung finden Sie im Anhang“ besteht und die eigentliche Meldung nur als PDF oder schlimmer noch als Word-Dokument (GEHT GAR NICHT!!!) angehängt ist, dann ist das mobil extrem unkomfortabel. Aber auch am Desktop wäre mir ein schöner Fließtext lieber. Technische Daten, Zitate usw. lassen sich dann schnell und unkompliziert kopieren. Damit vermeidet man auch, dass Daten oder Namen falsch übernommen werden.

tl;dr: Bitte den Pressetext IMMER als Fließtext in die Mail. PDF-Anhang ist zusätzlich ok, aber bitte keine Word-Dokumente! 

5.: Die Pressemitteilung sollte in deutscher Sprache vorliegen

Heute flatterte eine PM rein, in der sinngemäß nur folgendes drin stand: „Es gibt ein neues Produkt von Firma XYZ, die englischsprachige PM finden Sie im Anhang“.

WTF? Soll ich das Zeug jetzt für euch übersetzen? Nope. -> Mülleimer (Schade eigentlich, denn es war ein cooles Produkt).

tl;dr: Für die deutschsprachige Medienlandschaft bitte deutschsprachige Pressetexte

6.: Bildmaterial

Mein Lieblingsthema… Hier wird so viel falsch gemacht, dass es den Rahmen sprengen würde, das alles aufzuzählen. Daher schreibe ich hier einfach nur hin, wie ich es gerne hätte:

Der Optimal-Fall wäre natürlich, wenn man die Produktfotos / Pressebilder direkt und vor allem hochauflösend (2000er Auflösung und besser) an die Mail anhängt.

Wenn die Bilder nicht direkt an die Mail angehängt werden können (zu groß, zu viele etc.), dann bitte einen Link bereitstellen, wo ich die Bilder einzeln und optimalerweise auch noch als ZIP herunterladen kann.

No Go an der Stelle: „Bildmaterial finden Sie in unserer Bilddatenbank“ und dann landet man auf einer Seite, auf der man sich registrieren muss oder man sich die Bilder erst noch raussuchen muss…

tl;dr: Hochauflösendes Bildmaterial an die Mail anhängen oder Seite für direkten Download ohne Umwege anbieten

Ihr seht, eigentlich ist es gar nicht schwer, Pressemitteilungen so zu verschicken, dass Menschen, die mit diesen täglich arbeiten, die Information schnell und übersichtlich präsentiert bekommen.

Vielen dank für eure Aufmerksamkeit.

//Bildquelle: Wikimedia//

62 Kommentare Neues Kommentar hinzufügen

  1. Daniil sagt:

    Sehe ich genauso.

    Zu den Bildern: Es sollte mindestens ein Bild in der Mail enthalten sein, damit ich das Produkt sehe.
    Letztens kam was rein, interessanter Betreff, quergelesen, kein Bild gefunden, gelöscht.

  2. Hatte vor einiger Zeit zu dem ungefragten Versand von PMs mal meinen Dozenten gefragt… Der meinte das geht in Ordnung (bezog sich aber auf Redaktionen von Zeitungen).

  3. Sebastian sagt:

    Echt jetzt? 30-50 (!) pro Tag? Heftig.
    Ich bekomme ein Glück nur 1-2, aber pro Monat oder seltener. Dennoch gebe ich dir mit allen Punkten recht.
    Eigentlich ist es gesetzlich ganz einfach geregelt: Wenn man als Privatperson unaufgefordert einen Newsletter bekommt, kann man Strafanzeige stellen.
    Jedoch ist es ja genau genommen eine Pressemitteilung. Und man vermutet, das du ein „Redakteur“ bist. Dann gilt folgendes:

    Man wird bei Zeitungsredaktionen von einer konkludenten Zustimmung ausgehen, daß diese Pressemitteilungen usw. haben wollen.

    Wenn sie es in einem konkreten Fall nicht wollen, können sie es dem Absender ja mitteilen.

    http://www.juraforum.de/forum/medienrecht-und-presserecht/pressemitteilung-per-email-und-spam-345689

  4. Ramón sagt:

    Kann Dir nur zustimmen.
    Ach ja, rechtlich gesehen sind Pressemitteilungsverteiler wie Newsletter, also brauchen die auch das Double-Opt-In-Verfahren!

  5. Danke für den Text, Gilly. 🙂

    Zu 4.: Bitte noch eine URL angeben, wo ich die PM zusätzlich im Netz lesen kann. Wenn ich Artikel an Mitarbeiter deligiere oder auf unsere interne Themenliste schreibe, ist das ungemein nützlich.

    Zu 5: Finde ich nicht schlimm. Manche kleinen Buden haben eben keine deutsche Niederlassung und können sich keinen Übersetzungsdienst leisten – Englisch ist für mich kein Hindernis.

    Was noch fehlt: Kein Bullshit. Ich bekomme regelmäßig PMs mit derart dämlichen Inhalten, dass ich mich richtiggehend verscheißert fühle. Liebe Agenturen, hinter der Adressliste in eurem Verteiler sitzen echte, denkende Menschen. Menschen, die ein volles Postfach und wenig Zeit haben. Also: Wenn eine 5-Leute-Firma, von der ich noch nie gehört habe, einen neuen COO hat; oder wenn ihr ein Mobilfunkbetreiber seid, der in diesem Jahr nicht mehr letzter, sondern nur noch vorletzter im Connect-Ranking geworden ist; wenn ihr als Themenexperten zitiert werden wollt, aber per PM eine vollkommen triviale Meinung in die Welt pustet (Datenschutz? Muss sein. Cyberkriminalität? Gefährlich), dann lasst es mich wissen – nicht.

  6. Jan sagt:

    Danke für den Artikel, du sprichst mir aus der Seele… was mich bei Pressefotos auch extrem nervt, sind Bilder mit 15 MB und mit einer 10.000er-Auflösung. Wer bitte nutzt solche Bilder? Hochauflösend ja, aber bitte nicht übertreiben!

  7. Manuel sagt:

    Hey,

    die Anzahl deiner Pressemitteilungen sind ja enorm, ich habe auf meinem Blog ca. 5 pro Woche, ich finde es aber auch nicht schlecht. Oftmals erhalte ich Informationen vor allen anderen, ich kann also ganz in Ruhe meine Artikel vorbereiten.

    Was ich gar nicht mag ist dieses „Siezen“, hin und wieder mal ist es ja okay, aber dieser stumpfer E-Mail Austausch ist einfach auf Dauer nervig und man fühlt sich nicht wirklich willkommen. Ich wurde letztens von einer PR-Agentur aus der Umgebung angeschrieben, welche dann auch geduzt haben, passt auch besser zu deren Themengebiet und man fühlt sich direkt willkommener.

    Ach ja, hast du auch Pressemitteilungen zu Babynahrung bekommen? 😀

  8. Ricarda sagt:

    Ich bekomme am Tag auch so um die 20 Pressemitteilungen, aber gewollt. 🙂 Gern kommt auch sowas wie „Wenn Sie Bilder benötigen, rufen Sie uns kurz unter folgender Nummer an… “ Und ich denke mir dann „Ähm.. nein.“

  9. Henrik sagt:

    Das mit den Bildern sehe ich etwas zwiegespalten: Klar, ohne Bild geht gar nichts, 95% davon geht sofort in die Tonne.

    Aber: Hochauflösende Bilder sind gerne mal ein paar MB groß. Davon dann 2-3 pro Mail und das mal 10-20 …

    Spätestens bei schlechter Mobilverbindung oder im Ausland ohne Flatrate macht das dann gar keinen Spaß mehr, wenn man eigentlich auf eine ganz andere Mail wartet… Lieber einen Link zu einer Seite mit ein paar Vorschaubildern und der Möglichkeit zum Download in verschiedenen Auflösungen. Dazu vielleicht noch eine passende Bildzeile und der Hinweis, dass das Bild ohne Credits verwendet werden darf: so fände ich es perfekt.

    Viele Grüße

    Henrik

    1. Sascha 'Gilly' Israel sagt:

      @Henrik daher führe ich ja die Alternative mit dem Link zum Download auf 🙂 – Davon mal ab: Mail-Client so einstellen, dass der Anhang erst auf manuelles zutun abruft 🙂

      1. Henrik sagt:

        Wenn man denn dran denkt! Ich habe im Ausland mal lange an Verbindungsprobleme geglaubt und irgendwann gemerkt, dass der eifrige Agenturler freundlicherweise auch ein kleines Testvideo (~50 MB) beigelegt hatte… 😉

  10. Patrick Wiermer sagt:

    Ich würde noch hinzufügen: 7. Sparsamer Umgang mit Superlativen, keine Werbesprech/Phrasen/Techniklatein, keine (übertriebene) Selbstbeweihräucherung

  11. Markus sagt:

    Geht mir ähnlich. Wenn dann die Bilderlinks noch auf TIFF-Files im CMYK Format verweisen, bekomme ich regelmäßig einen Hals!

    Toll finde ich aber auch Agenturen, die einen ständig mit PMs zuballern, aber nie auf Anfragen dazu reagieren.

  12. seba sagt:

    Zum Thema Bilder: was fast immer fehlt sind Angaben zum Urheber und den Nutzungsrechten. Also Foto: Max Mütze, Rechte: Supergeil KG, kostenfrei zeitlich (un)eingeschränkt verwendbar bei Berichterstattung über Produkt/Unternehmen.

      1. Pressemitteilungen sollen verbreitet werden, deswegen darf der Text 1 zu 1 und Bildmaterial auch verwendet werden.
        Dabei sollte es reichen zu schreiben „Foto: PR GmbH“
        Das ist wie der ungefragte Versand konkludentes Handeln.

  13. Jörn sagt:

    Hi Sascha,

    wird eigentlich alles so seit Jahren in PR-Kursen gelehrt, keine Ahnung, warum sich da viele offenbar nicht dran halten 🙂

    Auch nicht schlecht: Eine PM rausschicken und der Ansprechpartner (CEO, Experte, Produktmanager etc.) ist an dem Tag im Urlaub/nicht zu erreichen.

    Gruß

    Jörn

  14. Ich habe zu dem Thema 2009 ein ganzes Buch geschrieben und mich darin seitenweise über die Frage ausgelassen, wie gute Pressearbeit funktioniert: “Die Medien auf Ihrer Seite: Wie Technik-Fachhändler mit effektiver Pressearbeit Image und Kunden gewinnen.“ Liegt wie Blei in den Regalen. Schade, denn wie man sieht ist das Thema so aktuell wie eh und je.

  15. Eva sagt:

    Bei Fotos haben Agenturen manchmal das Problem, dass die Kunden gar nicht wollen, dass ihr hochauflösendes Fotomaterial der Pressemeldung angehängt wird – eben um die Leser in die Bilddatenbank zu locken. Leider!

  16. Becki sagt:

    Hallo zusammen,
    sehr interessanter Artikel – ich bin von der Agenturseite, habe aber zuvor bei den Medien gearbeitet. Kenne also beide Seiten und beide Probleme. Zunächst stimme ich Ihnen in den meisten Punkten zu – tatsächlich keine wahnsinnigen Neuigkeiten. Erstaunlich, dass dennoch soviel falsch gemacht wird.

    Zu Punkt 1)
    Sehe ich kritisch. Wollen Sie wirklich die exakte Anzahl der PMs, die Sie jeden Tag erhalten, zunächst einmal als Anfrage bekommen, ob Sie wirklich in den Verteiler mit aufgenommen werden? Und wären Sie dann überhaupt bereit, jede einzelne Anfrage zu beantworten? Für beide Seiten ein riesen Aufwand – und das nur für eine PM. Da sind Sie wahrscheinlich schneller, wenn Sie einfach die Mail löschen. Wäre es so tragisch, wenn Sie eine kurze Mail zurückschreiben, dass man Sie aus dem Verteiler herausnimmt? Die Idee mit einer Abmeldefunktion wäre zumindest einmal ein Ansatz, über den man nachdenken könnte.

    Zu Punkt 4)
    Hier bin ich mir nicht sicher – da gibt es sicherlich Unterschiede. Der eine Medienpartner möchte die PM gerne als Anhang, der andere in die Mail. Wir hatten auch schon gehört, dass Redakteure verärgert sind, wenn sie in der Mail und im Anhang denselben Text vorfinden. Tatsächlich machen wir uns die Mühe den Text im Anschreiben anders zu schreiben, d.h. eine kurze und prägnante Zusammenfassung des Inhalts – eine Art spannender Teaser, sodass es neugierig auf die längere Version im Anhang macht.

    1. Sascha 'Gilly' Israel sagt:

      1. Ja – Für den Aufwand wird die Agentur ja schließlich auch bezahlt. Es geht ja nicht um eine einzelne Pressemitteilung, sondern die Aufnahme in einen generellen Verteiler.

      2. Das ist ja nun etwas albern. Wenn man dazuschreibt „Unten finden Sie die PM als Fließtext und im Anhang noch einmal als PDF“ weiß ja jeder was Phase ist.

    2. Robert sagt:

      Hi,
      Dem stimme ich zu. Zusammenfassung in der mail ohne bläh ist nützlich. Der rest in einem textdokument.
      Weswegen das ausgerechnet pdf sein sollte, frage ich mich allerdings, weil die weiterverarbeitung mit .doc/.rtf dann doch einfacher ist.
      Gruß

  17. Hey Gilly,

    veröffentlichst Du wirklich ab und zu PMs? So ohne Bezahlung? Oder nimmst Du eine PM als Anlass für eine eigenen Story? Würde mich mal allgemein interessieren. 🙂

    LG, Romy

    1. Sascha 'Gilly' Israel sagt:

      Hier generell gar kein PM-Material. Aber halt auf Stereopoly und anderen Projekten. 1:1 eher nicht, wenn dann halt eher als Informationsgrundlage.

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