Gadgets / Tech

Ausprobiert: HTC Desire EYE – Das Selfiephone

Im November 2014 hatte 1&1 zur Hardwarelounge eingeladen. Bei dieser wurde das HTC Desire EYE vorgestellt und für Testberichte verteilt. Hier nun also der Testbericht dazu:

htc-desire-eye-sizzle

Das HTC Desire EYE ist ein 154 g schweres LTE-Smartphone mit Full-HD-5,2-Zoll-Bildschirm und zwei fast identischen Kamerasystemen auf beiden Seiten. Diese sollen ganze Gruppen von Menschen dank ihrer Weitwinkellinsen optimal einfangen und durch diverse Softwaretricks den Schnappschuss erleichtern.

htc-desire-eye-hauptkamera

Auto Selfie & Voice Selfie helfen dabei sich beim sich-Selbst-fotografieren nicht mehr verrenken zu müssen, wobei das Auto-Selfie versucht anhand des Headtrackings festzustellen, wann der beste Zeitpunkt für einen Schnappschuss ist – entweder wenn alle ganz ruhig bleiben oder die Mundwinkel nach oben gehen. Das funktioniert je nach Lichtverhältnissen gut, kann man aber auch einfach durch Sprachbefehle ersetzen, die das Gerät in meinem Test immer verstanden hat und die einen Timer auslösen.

HTC Eye Experience - Take selfies instantly with Auto Selfie and Voice Selfie

Das Video wird erst geladen, wenn du auf den Play-Button klickst. YouTube-Datenschutzerklärung

Wie ihr in der Galerie unten sehen könnt, ist nachts bzw. in dunkler Umgebung mit dem Sensor kein Blumentopf zu gewinnen und man sollte zum Front-LED-Blitz greifen, der dann allerdings brutal hell ist, dass man lieber stehen bleiben und sich kurz sammeln sollte, eh man gegen einen Laternenpfahl rennt.

htc-desire-eye-front

Stellt man sich selbst nicht in den Mittelpunkt eines Selfies wird die – für Smartphonekameras – extreme Weitwinkligkeit der Frontlinse deutlich, wie man an der Verzerrung auf zwei Bildern gut sehen kann. Das ist nicht schlimm sondern logischerweise notwendig, wenn man mehr aufs Bild bekommen will.

Die Live-Make-up-Effektfunktion für Selfies ist wohl das Seltsamste am HTC Desire EYE (obwohl die Kamerasoftware nicht exklusiv für das Gerät ist) und zeigt bereits im Livebild „optimierte“ Hauttöne, die „natürlich“ aussehen sollen. Leider läuft das nur auf mehr oder weniger starken Weichzeichner hinaus und man sieht sehr sehr schnell nach Schaufensterpuppe aus.

htc-desire-eye-fotofilter

Vor nicht ganz einem Monat erhielt HTCs Kamera-App ein Update, mit dem der Kameramodus „Kombi Aufnahme“ als Beta-Funktion dem Desire EYE zur Verfügung gestellt wurde. Diese Funktion treibt die Bild-in-Bild-Option auf die Spitze und versucht die das Telefon haltende Person in das Bild „einzubauen“. Als stünde man vor einem Greenscreen und würde in eine Landschaft eingefügt. Es heißt ja, alles sei besser als ein Selfie-Stick, aber ich finde die Kombi-Aufnahme auch reichlich absurd. Technisch hat man diese Spielerei ja schon lange (z.B. mit Webcam-Programmen wie Apples Photo Booth) hier passiert das nun eben live, berechnet vom Snapdragon 801, einem Quad-Core mit 2,4 GHz.

htc-desire-eye-slots

Zusätzlich bekam auch HTCs eigene Fotogalerie „HTC Alben“ ein Update, dass Viele Nutzer jedoch als Rückschritt empfinden. Zum Einen wurde die Fähigkeit direkt aus der Galerie heraus nach Flickr zu sharen entfernt, nützliche Funktionen (Drehen & Zuschneiden) sind jetzt in die Tiefen der separaten Bildbearbeitungs-App (Menüpunkt „Editor“ in Alben) verbannt und noch mehr Effektfilter und hakelige Bearbeitungsmenüs sind von einem nicht intuitiven Layout umgeben (es gibt jetzt immer eine zweite versteckte Toolbar). Hier wollte HTC ein komplexes Bearbeitungsprogramm für Fotos bringen, hat dabei aber die Bedienbarkeit auf einem Smartphone nicht richtig zu Ende gedacht. Google Fotos gibt es aber natürlich weiterhin als Alternative. Außerdem finde ich es seltsam, „Timeline“ – in Bezug auf chronologisch sortierte Fotos – mit „Zeitplan“ zu übersetzen.

htc-desire-eye-lower

HTC Sense. Ich bin ja kein Freund von Hersteller-UIs die oben auf Android drauf gepappt werden, aber HTC Sense ist eigentlich ziemlich nah am Originalzustand und hat mich immerhin nicht genervt. Ob man den Flipboad-Style-Blinkfeed aus seinen Sozialkanälen möchte, kann man sich ja aussuchen. Einzig die vertikal scrollende Appliste hat mich immer kurz verwirrt.

Wer jetzt ein HTC Desire EYE kauft, kann immerhin direkt von Android 4.4.4 auf Android 5.0.2 Lollipop springen – ein Systemupdate steht zur Verfügung. Darüberhinaus werde ich nicht mutmaßen, ob HTC dem Selfie-Smartphone mit „Eye-Erlebnis“, weitere Updates zukommen lassen wird. Android 5.1.1 wäre ganz aktuell. Dazu kommt neben einigen UI-Anpassungen auch der HTC Club – eine App, die im Grunde nur Werbung für HTC-Produkte ist.

htc-desire-eye-android-4

Die nach vorn gerichteten BoomSound-Lautsprecher mit Dolby Surround sind schon geil, aber Lautsprecher haben ja immer die Angewohnheit zu verdrecken und Stäube einzusammeln, aber es fällt nicht so auf. Beim HTC Desire EYE gehen sie halt über die gesamte Breite der Front und sehen daher recht schnell folgendermaßen aus.

htc-desire-eye-fusseln

Fotos und Selfies

Hier eine Auswahl der Bilder, die mit dem HTC Desire EYE aufgenommen wurden:

Fazit

Als Smartphone spielt das HTC Desire EYE mit den Großen vom Vorjahr. Schaut man sich die Benchmarks an ist es ungefähr gleich auf mit dem HTC One (M8). Wer sich für tiefer gehende technische Einzelheiten interessiert, dem sei die Laboranalyse von phoneArena (inkl. Benchmarks) empfohlen – das Display ist vergleichsweise leuchtstark und dabei noch eine deutliche Spur heller, als beipielsweise das SGS6 mit seinem tollen Bildschirm. In den Tabellen lassen sich beliebig andere Smartphones zum Vergleich hinzufügen. Im täglichen Gebrauch macht es, was man ihm abverlangt und der Speicher ist erweiterbar, yay! Als Kamera ist es irgendwie leider nur okay, was leider auch fast schon zum Mantra bei HTC-Smartphones geworden ist.

htc-desire-eye-cam-app

Dafür, dass es außergewöhnlich gute Bilder von einem machen soll, finde ich die leider meist nur sehr unscharf, wenn man nicht gerad einen der Weichzeichnerfilter benutzt. Da hilft dann auch nicht, dass durch den 22-mm-Weitwinkel vorn MEHR Unscharfes zu sehen ist. Mal sehen relative Nahaufnahmen super aus, mal furchtbar. Das Bild mit den Zauberstäben z.B. ist eigentlich cool, bis auf den letzten Stab, der aussieht, als wäre das Bild verwackelt, was es aber nicht ist. Das Lochmuster im Griff müsste so deutlich sein, wie die Symbole im anderen Griff ein paar Reihen weiter vorn. Leider sind die Ergebnisse auch mit der Rückkamera und ihrer größeren Apertur (f/2.0 statt f/2.2) „all over the place“ – also völlig inkonsistent. Mit einfarbigen (rotlastigen) Flächen kommt der Sensor überhaupt nicht klar (siehe Rosen & Baldachin im Sony Center) und wird es Dunkel, setzt sofort Bildrauschen aus der Hölle ein.

¯\_(ツ)_/¯

Ich bin großer Fan des eingesetzten Gehäusekunststoffes, nicht nur war seine Zweifarbigkeit sicher der gedankliche Vorläufer des zweifarbigen HTC One (M9), nein seine samtige Mattheit fühlt sich echt gut und hochwertig an. Die sehr glatte, 5,2″-Display-beherbergende Gehäusefront erhält so eine nicht rutschige Rückseite, wodurch das Smartphone gut in der Hand liegt. Andere Spezifikationen hat das Ding auch. Braucht Strom und ne Nano-SIM damit es geht und sinnvoll nutzbar ist. Neben Netzstecker und USB-Kabel liegt ein rudimentäres, schwarzekabeliges Headset bei.

Das HTC Desire EYE gibt es in zwei Farbkombinationen. Die Coral Red (oder Coral Reef?) – Weiß/Rot – gibt es seit Produktlaunch und heutzutage ab 390 € ohne Vertrag. Die Submarine Blue (oder Blue Lagoon?) – Hellblau/Blau – ist neueren Datums und ab 425 € ohne Vertrag zu haben. Damit gehört es definitiv ins gehobene Mittelfeld und würde dort auch hinpassen, wenn die Selfies (Fotos generell) nicht so scheiße aussähen.

htc-desire-eye-bottom

HTC nennt das Smartphone „EYE“ und verspricht ein „Eye-Erlebnis“, hat aber irgendwie nicht begriffen, dass Fotos ohne Bearbeitung (und „Hautverbesserung“) schon wenigstens brauchbar aussehen müssen, was Schärfe und Kontrast angeht. Nein, HTC wirft lieber mit einem digitalen Schminkkasten um sich, nach dem Motto: Viel hilft viel (tut es nicht). Mir tut es Leid um das schöne Gehäuse, für das a) der falsche Schwerpunkt ausgesucht und dann b) nur mangelhaft ausgeführt wurde.

htc-desire-eye-back

Weitere Testberichte zum HTC Desire Eye:

Dieser Beitrag ist ein Gastbeitrag von Michael ‚Amujan‘ Spieler. Wenn er nicht gerade mit Selfies beschäftigt ist, studiert er Geophysik und schreibt bei Stereopoly und Fictionbox.

4 Kommentare Neues Kommentar hinzufügen

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert