Mallorca privates & unterwegs

Meine Mutter war ein „Ich bin nur mal kurz weg“-Auswanderer

Im Dezember 2012 hatte ich einen Blogpost darüber verfasst, dass meine Mutter ausgewandert ist. Ich habe in diesem Beitrag meine Sorge darüber ausgedrückt, dass Sie ganz alleine auf der Insel ist. Der Post endete mit den Worten

„Mal schauen, ob nächstes Jahr wieder Weihnachten auf Mallorca anstehen werden…“

Ich weiß gar nicht mehr, ob das wirklich so skeptisch klingen sollte.

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Jedenfalls wird daraus 2013 wohl nichts. Meine Mutter ist nämlich wieder zurück nach Berlin gezogen.

Wir haben Anfang der Woche ihr Auto zu einem Transportunternehmen gebracht, das den Wagen nach Berlin überführt. Die Umzugsfirma war Dienstag da und gestern haben wir sie mit ihrem Hund Henry und meiner Schwester, die beim Packen geholfen hat, zum Flughafen gebracht. Um 14:22 hat meine Mutter Mallorca verlassen. Höchstwahrscheinlich wird sie auch nie wieder hierher zurückkommen. Left for good quasi.

Adios

Da stellt sich jetzt natürlich die Frage nach dem Warum.

Das ist schnell beantwortet: Einsamkeit.

Da meine Mutter kein Spanisch spricht und es ihr auch nicht gelungen ist, die Sprache ansatzweise zu lernen (Zur Erinnerung: sie ist jetzt 74 Jahre alt), war Kontakt zu anderen Mallorquinern so gut wie unmöglich. Mit „Händen und Füßen“ kann man zwar so einiges erreichen, aber eben kein vernünftiges Gespräch führen.

Die gelegentlichen Besuche von Bine und mir waren offensichtlich auch nicht genug. Verständlich irgendwie, aber ich kann auch nicht jeden Tag meine Mutter besuchen fahren.

Es ist ja auch nicht nur die Einsamkeit. Ich weiß aus eigener Erfahrung, wie frustrierend es ist, wenn man zum Beispiel an der Fleischtheke steht und es ohne Hilfe nicht gebacken bekommt, 100 Gramm Wurst zu kaufen oder dem Friseur begreiflich zu machen, was nun mit den Haaren zu passieren hat. Man fühlt sich dann ziemlich schnell allein gelassen.

„Es trocknen in der Einsamkeit die Säfte des Gemütes; es stockt der Gedankenlauf; ich muß hinaus in mancherlei Gemeinschaft mit den anderen Geistern.“ – Friedrich Daniel Ernst Schleiermacher

Auch wenn Mallorca oft als das 17. Bundesland von Deutschland betitelt wird, wird hier nicht an jeder Ecke Deutsch gesprochen. Das fällt übrigens vielen Touristen auf, wenn sie den Busfahrer zuquatschen und der nur genervt mit den Schultern zuckt.

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Während man in Palma und Can Pastilla recht häufig auf Deutsche trifft und auch einige Mallorquiner ein paar Brocken Deutsch und häufig auch englisch sprechen, kommt man in Inca teilweise nicht mal mit Spanisch besonders weit*. Die Stadt in der Inselmitte ist quasi die Hochburg des mallorquin, einem Dialekt der katalanischen Sprache.

An dieser Stelle sei mal erwähnt, dass meine Spanisch-Kenntnisse auch noch unter aller Sau sind. Ich habe aber einen entscheidenden Vorteil: Technologie. Mit Hilfe von diversen Apps konnte ich mich bisher prima durchschlagen.

Für mich ist das Ganze also ein Abenteuer und ein Ansporn Spanisch zu lernen, für meine Mutter eher Grund zur Verzweiflung.

Goodbye Mallorca

Ich bin mir sicher, das meine Mutter ihre Finca und ihren schönen Garten schnell vermissen wird.

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Aber was bringt einem das schönste zu Hause, wenn man nur mit Pflanzen und dem Hund reden kann. Sie hat jetzt eine putzige 1-Zimmer-Wohnung im Grünen Zehlendorf, die sie in den nächsten Tagen beziehen wird.

So sehr ich ihr die Zeit auf Mallorca gegönnt habe, so froh bin ich auch, dass sie wieder in Deutschland ist. Meine Schwester wohnt quasi um die Ecke von ihr und kann im Notfall in 5 Minuten bei ihr sein. Außerdem kann sie auf eine deutliche bessere Infrastruktur zugreifen und sich verständlich machen.

Da sie nicht weit von ihrem alten Berliner Kiez entfernt wohnt und einen Hund hat, wird sie bei Spaziergängen sicher schnell wieder Anschluss finden und Bekanntschaften pflegen.

Und ich?

Ich bleibe hier! Ich habe mich erschreckend schnell an den mediterranen Lebensstil gewöhnt, erfreue mich jedem Tag am Anblick des Meeres und all der anderen schönen Dinge, die Mallorca zu bieten hat.

Hier ein Foto von meinem Buddy Henry und mir auf dem Weg zum Flughafen:

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Die Überschrift habe ich übrigens einem Spiegel-Online-Artikel entliehen: „Studie: Deutsche entpuppen sich als „Ich bin nur mal kurz weg“-Auswanderer“

*dramatisiert

12 Kommentare Neues Kommentar hinzufügen

  1. Maik sagt:

    Ich bin gerade über sowas immer sehr erstaunt, wenn ich es im TV sehe. Mit welcher Überzeugung der Deutsche denkt: Da wo ich bin, ist Deutschland. Eine ehemalige Bekannte hat sich nach einem Urlaub auf Fuerteventura mal beschwert, dass dort niemand deutsch konnte. Verstehe ich nicht. Der Spanier kommt doch auch nicht nach Deutschland und meint, dass hier jeder spanisch kann.

    Schade für deine Mum, aber ich kann es total nachvollziehen. Habe einen Auslandsaufenthalt auch nach 10 Monaten abgebrochen, weil mir das Alleinsein aufn Sack ging.

  2. Verena sagt:

    Schade, aber kann ich auch nachvollziehen. Alternativ, gibt es vielleicht so Wohnanlagen, wo hauptsächlich Deutsche sind und man entsprechend Anschluss hätte? Hab das mal auf Fuerte gesehen. Deutsche Rentner tummeln sich doch auf Spaniens Inseln, da muss es doch was geben…

    1. Sascha 'Gilly' Israel sagt:

      Die Idee hatten wir auch, aber meine Mutter möchte nicht unter alten Leuten sein *mit den Augen roll*

  3. Steffi sagt:

    Hut ab! Es war sicherlich trotzdem keine leichte Entscheidung für deine Mutter wieder zurückzugehen, oder!? Natürlich ist es kein Leben, wenn man sich nicht wohlfühlt. Das mit den „alten Leuten“ kenn ich irgendwoher… Schwiegermutter reagiert da nicht anders. 😀

  4. Björn sagt:

    Die Sache mit der Infrastruktur im Falle des Falles ist bestimmt ein sehr gutes Argument.
    Euer Daily Spanisch und Daily Meer will ich auf Twitter nicht mehr missen.
    So wissta das auch 🙂

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